Fahrender Computer

„Vollgestopft mit Sensoren, die alles überwachen, ein fahrender Computer. Die dritte Generation von Drehleitern des Herstellers.“ Kommandant Julian Kuhn ist sichtlich zufrieden. „Wir sind eine der ersten Wehren, die diese Version bekommen haben.“

Vaterstetten hat endlich sein „Hubrettungsfahrzeug“. Bisher musste man im Einsatzfall Drehleitern samt Besatzung der Feuerwehren Zorneding oder Haar anfordern. „80 solche Einsätze hatten wir innerhalb von drei Jahren“, erklärt Thilo Hasenöhrl, stellvertretender Kommandant. Der „Feuerwehrbedarfsplan“ der Gemeinde hatte ergeben, dass die vorgegeben Zeiten, die sogenannten Hilfsfristen, nicht eingehalten werden konnten.

Eingesetzt werden Drehleitern vor allem zur Personenrettung aus höheren Gebäuden. In Vaterstetten geht es nicht nur um die Hochhäuser, sondern auch um Senioreneinrichtungen. Und wie Kuhn betont, würden immer mehr Dachgeschosse zu Wohnungen ausgebaut.

Über Jahre wurde verhandelt und geplant. Inzwischen steht das Fahrzeug in Vaterstetten. Kosten: rund 650 000 Euro. Die Regierung von Oberbayern hat einen Zuschuss von 225 000 Euro bewilligt. „Das ist ein großer Schritt für die Sicherheit unserer Bürger“, betont Kuhn.

Doch bevor das neue Fahrzeug in den Einsatz geht, mussten die Floriansjünger viel lernen, um sich mit der Technik vertraut zu machen. „Wir hatten ja bisher keine Drehleiter, mussten quasi bei Null anfangen“, so Kuhn. Also erhielten zunächst acht Vaterstettener beim Hersteller in Karlsruhe eine Einweisung und wurden dann von den Ausbildern der Firma vor Ort in Vaterstetten geschult, insgesamt 35 Stunden an vier Tagen.

Eine weitere Gruppe von fünf Floriansjüngern erhielten ihre Schulung von Ausbildern der Feuerwehrschule Geretsried. Alle haben ihre Prüfungen als „Maschinisten“ abgelegt. Sie sind nun verantwortlich für das Fahrzeug, entscheiden unter anderem, wo die Drehleiter bei einem Einsatz sicher steht. Das wurde auch alles weiter praktisch geübt, und so war das rote Rettungsgerät in den vergangenen Wochen bereits in Vaterstetten unterwegs. Geprüft wurde, wo die Straßenkurven eng sind und wo es Hindernisse gibt.

Wichtig ist auch zu wissen, wo Tiefgaragen im Boden sind. „Schwierig könnte das Durchkommen an manchen Stellen wegen einiger Äste an großen Bäume werden“, erklärt Kuhn. Das ist eben so in der „Gartenstadt“. Aber dazu ist eine Teleskopsäge mit an Bord des Einsatzfahrzeuges, um notfalls den Weg frei zu schneiden.

30 Meter hoch kann der Korb mit der Leiter ausgefahren werden. Fünf Personen passen in den Korb. Ein Gelenk macht die Leiter noch flexibler. Auch schwierig erreichbare Teile eines Gebäudes können so angefahren werden. Mit einer Trage können Verletzte oder Kranke transportiert werden. Eine spezielle, breitere Schwerlasttrage ermöglicht die Rettung auch übergewichtiger Personen. Mit einer weiteren Ausrüstung können Menschen aus Schächten oder von oben aus Häusern gerettet werden. Der Motor der Fahrzeugs leistet rund 300 PS und ist mit einem zusätzlichen Rußpartikelfilter ausgestattet.

Zu Brandeinsätzen kann die Drehleiter natürlich auch verwendet werden. Ein Wasserwerfer ist am Korb integrierbar. Der Wasserstrahl muss nicht von oben dirigiert, sondern kann auch vom Boden aus geleitet werden. Manchmal ist es aber besser, den Korb und die Leiter vor allem bei den letzten Metern von oben zu leiten. „Die sind näher dran und haben vielleicht den besseren Überblick“, so Kuhn. Im Korb gibt es eine Steuerkonsole. Geübt haben mit dem neuen Fahrzeug zudem weitere ausgebildete Spezialisten der Wehr, beispielsweise Atemschutzträger.

Rund 600 Stunden wurde bisher in die Ausbildung gesteckt. „Und das alles ehrenamtlich“, so der Kommandant. Vorbei ist das noch lange nicht. In der vergangenen Woche war das neue Fahrzeug nochmals beim Hersteller zur Feinabstimmung. Vier Vaterstettener fuhren mit, um sich darin schulen zu lassen, wie die neue Drehleiter richtig gewartet und gepflegt wird. Sie soll schließlich mindestens 20 Jahre ihren Dienst tun.

Die Bevölkerung kann sich selbst ein Bild von dem neuen Fahrzeug machen, beim Tag der offenen Feuerwache am 8. September von 13 bis 18 Uhr, an der Verdistraße 41. Auf dem Programm stehen unter anderem Schauübungen, Brandsimulation, Fahrzeugvorführungen und Infostände.

Für die Kinder gibt es eine Hüpfburg. Für das leibliche Wohl ist ausreichend mit Grill- und Kuchenstationen gesorgt. Mit dabei sind auch BRK und Polizei.

Dieser Artikel ist erschienen in der Ebersberger Zeitung am 22.08.2018